energate News: Wasserstoffstrategie: Nicht nur groß denken
Essen (energate) - Kleine Elektrolyseanlage vermögen mehr als ihnen zugetraut wird. Nach Berechnungen des Reiner Lemoine Instituts könnten Anlagen unter 5 MW eine heimische Wasserstoffproduktion von rund 13,7 Mrd. kWh und damit rund die Hälfte der Planmenge der Bundesregierung für 2030 erreichen. "In der Wasserstoffstrategie ist die Erzeugung bislang nur groß gedacht", kritisierte Kathrin Goldammer, Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Institus, bei der digitalen Vorstellung der Studie vor Journalisten. Auch wegen ihrer Netzdienlichkeit sei es sinnvoll, diese kleiner dimensionierten Anlagen in der Strategie stärker zu berücksichtigen. Standort und Dimensionierung sind entscheidend
Bei ihrer Analyse hat sich Goldammer gemeinsam mit ihren Kollegen angeschaut, unter welchen Bedingungen sich kleine Elektrolyseanlagen ab 100 kW Leistung im Mittelspannungsnetz gleichzeitig netzdienlich wie auch wirtschaftlich betreiben lassen. Die Studienautoren, die im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy arbeiteten, kommen zu zwei Haupterkenntnissen: Zum einen ist der richtige Standort entscheidend. Die Studie hat 20 konkrete Standorte im gesamten Bundesgebiet identifiziert, wo genügend Überschussenergie aus der Erneuerbaren-Erzeugung vorhanden ist, um einen Elektrolyseur 3.500 Vollaststunden pro Jahr laufen lassen zu können. "Aber auch die richtige Dimensionierung ist wichtig", gab Goldammer zu Bedenken. So müsse die Leistung des Elektrolyseurs genau mit den netztechnischen Gegebenheiten vor Ort abgestimmt sein. Dann ließe sich Wasserstoff auch bei Strompreisen von 50 bis 70 Euro/MWh wirtschaftlich erzeugen.Änderungen des rechtlichen Rahmens notwendig
Neben Batteriespeichern könnten die Elektrolyseanlagen so auch eine weitere Flexibilisierungsoption im Mittelspannungsnetz sein. Die Studie rechnet, dass sich dadurch rund sieben Prozent der Kosten für den künftigen Netzausbau einsparen ließen. Klar sei aber auch, dass derzeit für solche Modelle noch der rechtliche Rahmen fehlt. Denn noch könnten Netzbetreiber diese Flexibilität nicht einkaufen, da spreche etwa die aktuelle Anreizregulierung dagegen. Die Institutsleiterin geht aber davon aus, dass es in der Politik zu dem Thema bald Bewegung geben wird: "Da möchte ich aber noch das Oster-/Sommerpaket abwarten."Ausschreibungen auch für kleine Anlagen
Den Zubau dieser dezentralen Elektrolyseure werden nach Ansicht von Green Planet Energy vor allem kleine und mittelständische Unternehmen tragen. Um die Risiken für diese Akteure abzufedern, schlägt die Genossenschaft zum einen eine befristete Anschubförderung über Contracts for Difference (CfD) vor, welche für eine Übergangszeit die Preisdifferenz zwischen grauem und grünem Wasserstoff ausgleichen. Zudem regt die Genossenschaft ein Ausschreibungsverfahren für Elektrolyseure von 375 MW pro Jahr zwischen 2023 und 2030 an. Die Technik für diese Projekte zur Wasserstofferzeugung sei vorhanden. "Die Anbieter stehen in den Startlöchern", sagte Michael Friedrich, Sprecher von Green Planet Energy. Ein ähnliches Modell hatte vor einiger Zeit auch die Speicherinitiative Ines vorgeschlagen, um mehr Tempo in den Aufbau von Elektrolysekapazität zu bringen (energate berichtete). Allerdings ging es in dem Fall um große Elektrolyseure, die Regelenergie für das Übertragungsnetz anbieten sollten.