energate News: Gasbinnenmarktpaket auf dem Weg ins deutsche Recht
Essen (energate) - Bereits seit August 2024 ist die EU-Richtlinie (2024/1788) über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas und Wasserstoff in Kraft. In Deutschland wartet man nach wie vor auf die Umsetzung in deutsches Recht. In einem Workshop im Rahmen des Deutschen Energierechtstags in Essen wurden die Folgen beleuchtet. Insbesondere Artikel 56 zur Entwicklungsplanung für Wasserstoffverteilernetze und Artikel 57 zur Transformationsplanung der Gasverteilernetze standen im Vordergrund.
Nach Artikel 56 müssen Wasserstoffverteilnetzbetreiber mindestens alle vier Jahre einen Plan übermitteln, welche Infrastruktur sie konkret bauen wollen ("Entwicklungsplan"). Das korrespondiert mit den Mindestanforderungen für den Turnus der Stilllegungspläne für Erdgasverteilnetzbetreiber (Artikel 57). Julia Borger vom Energieverband BDEW und Frank Pieper, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Essen, warben beim Workshop beide dafür, kürzere Fristen ins deutsche Recht zu übertragen. "Wir setzen uns für zwei Jahre ein - auch um die Planung mit den Fernleitungsnetzbetreibern besser abzustimmen", sagte Borger in Essen. Im Gegenzug ließe sicher das ein oder andere bestehende Instrument, etwa die Berichtspflichten nach dem Paragraf 71 k Gebäudeenergiegesetz abschaffen, an dem ohnehin rechtliche Zweifel bestehen.
Gastransformationspläne als Basis?
Stadtwerke-Chef Pieper forderte, auf den Gastransformationsplänen (GTP) aufzubauen, die schon viele Verteilnetzbetreiber nutzen. Sebastian Runschke aus dem Referat Wasserstoff- und Gasinfrastruktur, Rechtsfragen beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) deutete in der Diskussionsrunde Bereitschaft dazu an. "Da kann sicher ganz viel in den neuen Prozess übertragen werden", sagte er. Zudem gehe er davon aus, dass die Pläne allein schon wegen des hohen Aufwands nicht eins zu eins eingereicht werden können. Wahrscheinlich gebe es auch "große Überschneidungsmengen" bei der Netzplanungen der Unternehmen. Das BMWE ist mit der Umsetzung der EU-Richtlinie befasst, vor dem Scheitern der Ampelregierung gab es schon einen ersten Entwurf, entscheiden wird das Parlament. Der BMWE-Referent signalisierte, dass die Akteure vor Ort in ihrer Planung ausreichend Flexibilität bekommen sollen. Das Gebot Umwidmung vor Neubau bei Wasserstoffnetzen werde sicher auch nicht "sklavisch befolgt". Als Beispiel nannte Runschke den Anschluss eines Industriekunden im Verteilnetz, der nicht am Kernnetz hängt und für den ein Leitungsneubau infrage komme.
Fristen für Ankündigungen in der Kritik
Auch der in der EU-Richtlinie enthaltene lange Vorlauf von zehn Jahren zur Ankündigung der Gasnetzstilllegung sorgt bei deutschen Verteilnetzbetreibern für Bauchschmerzen. "Wenn ich 2027 ankündigen muss, dass ich 2037 ein Netz stilllegen will, dann geht das völlig an der Praxis vorbei", mahnte der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Essen. "Wenn wir das übernehmen in deutsches Recht, dann haben wir ein Riesenproblem", fügte er an. Maximal fünf Jahre dürfen es in seinen Augen sein, besser noch drei oder vier. Natürlich dürfe dann das Stadtwerk seine Kunden bei der Alternativensuche zu Erdgas nicht allein lassen und müsse entsprechende Angebote machen.