energate News: CO2-armer WasserstoffDelegierter Rechtsakt mit Licht und Schatten
Berlin (energate) - Die Reaktionen auf den Delegierten Rechtsakt mit den Kriterien für CO2-armen Wasserstoff fallen durchaus gemischt aus. Für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) ist der Rechtsakt ein wichtiger Punkt, der bisher für den Wasserstoffhochlauf gefehlt hat. Die neuen Regeln würden dazu beitragen, die Kosten für die Industrie zu senken und damit den Wasserstoffhochlauf beschleunigen. Gegenüber den ersten Entwürfen habe es signifikante Verbesserungen gegeben.
Der europäische Wasserstoffverband, Hydrogen Europe konstatiert die Verbesserungen, denkt aber, die Vorgaben seien nicht geeignet, um einen lebhaften Markt für CO2-armen Wasserstoff anzureizen. Auch für den Verband der Gas- und Wasserstoffwirtschaft weckt der Kommissionsvorschlag nur leise Hoffnung für den Wasserstoffhochlauf. Der BDEW kommentiert dies in einer Stellungnahme ähnlich. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht das völlig anders. Der Delegierte Rechtsakt erlaube ein "Greenwashing zugunsten klimaschädlicher Erdgasproduzenten", schreibt die auf Energie- und Klimafragen fokussierte Nichtregierungsorganisation.
Worum geht es und wo liegen die Probleme?
CO2-armer Wasserstoff ist Teil der europäischen Gas- und Wasserstoffrichtlinie, die im vergangenen Jahr in Kraft getreten ist. Um CO2-arm zu sein, muss der Wasserstoff gegenüber der Vergleichsenergie Erdgas eine um mindestens 70 Prozent reduzierte CO2-Emission aufweisen. Wie diese Minderungen angerechnet und bewertet werden, dazu sollte die EU-Kommission bis zum 5. August dieses Jahres einen Delegierten Rechtsakt erlassen. Der liegt seit dem späten Nachmittag des 8. Juli vor. Vorangegangen sind schon im vergangenen Jahr eine öffentliche Konsultation auf der Basis eines ersten Entwurfs und mindestens ein informell breit gestreuter Entwurf von Ende April 2025. Der rief damals heftige Kritik hervor.
Ein zentraler Kritikpunkt war die Messung und Bewertung der Methanemissionen von Erdgas, der als Einsatzstoff für blauen und türkisen Wasserstoff genutzt wird. Grundsätzlich sollen die Unternehmen die Methanemissionen gemäß den Vorgaben der im vergangenen Jahr in Kraft getretenen EU-Methanverordnung ermitteln und messen. Bis einheitliche Daten auf Grundlage einer verbindlichen Methodik vorliegen, wird es aber noch einige Jahre dauern. Wenn Unternehmen keine Daten vorlegen können, gelten von der EU-Kommission definierte Standardwerte. Diese wurden über die verschiedenen Versionen des Rechtsaktes immer wieder angepasst.
Kritik an hohen Standardwerten
In der informellen Version war der Standardwert für Erdgas-Methanemission 6,6 g CO2äq/MJ. Aus Sicht der Gaswirtschaft deutlich zu hoch. In der finalen Version beträgt der Standardwert 5,32 g CO2äq/MJ. Der neue Wert gilt nur für Pipeline-Gas. Für LNG sind die Methanemissionen für die Verflüssigung, den Transport und die Regasifizierung zu addieren, ohne dass der Delegierte Rechtsakt sagt, wie diese zu berechnen sind.
Für Andreas Guth, den Generalsekretär von Eurogas, sind dennoch zwei Dinge an der finalen Form positiv. Zum einen soll es 2028 zu einer Evaluierung des Rechtsaktes kommen und dann könnten differenziertere Standardwerte, die sich auf einzelne Länder beziehen, festgelegt werden. Zum anderen habe die EU-Kommission begleitend zur Veröffentlichung des Rechtsaktes anerkannt, dass bei der Methan-Verordnung Anpassungsbedarf besteht, um sie praxistauglicher zu machen. Ob, wann und wie dies erfolgt, ist aber offen. Die EU-Kommission habe immerhin selbst festgestellt, dass Handlungsbedarf bestehe, zeigt sich Guth optimistisch.
Vereinfachung für türkisen Wasserstoff
Es gab noch einen zweiten grundsätzlichen Punkt. Gemäß dem April-Entwurf wäre türkiser Wasserstoff, bei dem aus Erdgas Wasserstoff und fester Kohlenstoff mit dem Pyrolyse-Verfahren hergestellt wird, nicht als CO2-armer Wasserstoff qualifiziertworden. Der letzte Vorschlag enthielt extrem komplizierte Regelungen zur Emissionsmessung. Gemäß der finalen Verordnung wird für türkisen Wasserstoff einiges einfacher. Unter bestimmten Bedingungen ist die Anrechnung des festen Kohlenstoffs als nicht emittiert möglich, bestätigte ein Marktteilnehmer, dessen Geschäftsmodell betroffen ist. Aber es sei durchaus kompliziert. Doch dies gilt generell für den Rechtsakt: Es ist keine leichte Kost. Deshalb sind die Bewertungen, die erwähnt wurden, vorläufig. Für die genaue Analyse brauchen die Verbände noch Zeit. Zeit haben nun das EU-Parlament und der Rat. Und zwar zwei Monate, um dem Rechtsakt zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Andere Optionen gibt es nicht. Die Frist kann zwei Monate verlängert werden.