energate News: Netz Oberösterreich treibt Hochlauf des Wasserstoffnetzes voran
Wien/Linz (energate) - Für die Dekarbonisierung des Industriestandortes Oberösterreich spielt grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle. Um diese Transformation in den Unternehmen und der heimischen Wirtschaft zu unterstützen, plant Netz Oberösterreich die erste landesweite Umstellung einer Erdgasleitung auf den Transport von Wasserstoff. Das Projekt "HDL H012" sieht die Umrüstung einer Leitung von Linz-Ebelsberg nach Sattledt vor, sagte Michael Haselauer, Geschäftsführer des oberösterreichischen Netzbetreibers, bei einem Online-Termin des Forums Versorgungssicherheit.
Dabei ist das Projekt als regionales H2-Cluster angelegt, wird aber künftig auch in das geplante Wasserstoff-Kernnetz integriert werden, wie es die H2-Roadmap des Markt- und Verteilergebietsmanagers AGGM vorsieht. Gleichzeitig bildet das Projekt eines von zwei H2-Startnetzen in Österreich. Bei einem H2-Cluster werden mehrere Kundinnen und Kunden in einer Region über ein Wasserstoffleitungsnetz versorgt. Das Netz verfügt jedoch nicht über einen Anschluss an den internationalen Markt.
Das Startnetz wiederum sieht den Aufbau einer europäischen Wasserstoffversorgung vor, während das Kernnetz die Endausbaustufe des Startnetzes darstellt und den Anschluss an die Endkundinnen und -kunden vorsieht, erklärte Haselauer.
Vorteile durch Standortwahl
Die Standortauswahl der umzurüstenden Leitung biete gleich mehrere Vorteile, wie der Netz-OÖ-Geschäftsführer betonte. Einerseits plant das Unternehmen Rag Austria die Errichtung einer Elektrolyseanlage bei Kremsmünster sowie einen Speicher bei Sattledt. Erst kürzlich konnte die Rag einen entscheidenden Fortschritt bei der Speicherung von Wasserstoff in geologischen Lagerstätten erzielen. Andererseits trifft der produzierte Wasserstoff auf mehrere potenzielle Kundinnen und Kunden am Industriestandort Linz.
Bei der Umrüstung der rund 40 Kilometer langen Methanleitung wird ein Dual-Use-Verfahren angewendet, sprich der Wasserstoff wird während einer Übergangsphase in einer zweiten Leitung transportiert. Dadurch ist die weitere Versorgung von Kundinnen und Kunden mit Erdgas möglich. Die neue Leitung mit einem Durchmesser von rund 40 Zentimetern soll pro Stunde bis zu 50.000 Kubikmeter Wasserstoff transportieren. Das entspricht einer Leistung von circa 170 MW. Durch die Doppelnutzung bestehender Leitungen ergibt sich auch ein volkswirtschaftlicher Vorteil, betonte Haselauer.
Rechtliche Hürden bremsen
Das Projekt stellt den Netzbetreiber aber auch vor Herausforderungen und rechtliche Hürden. Offen ist derzeit etwa die Ausgestaltung von Genehmigungsverfahren beim Neubau von Wasserstoffleitungen. Bei der Umwidmung bestehender Erdgasleitungen ergeben sich derzeit Vorteile durch eine vereinfachte Genehmigung. Weitere Problemfelder, die noch ungelöst sind, betreffen etwa das Finanzierungs-, Regulierungs- und Marktmodell von Wasserstoffinfrastruktur. Die Regulierungsbehörde E-Control hatte bereits im Frühjahr des Jahres entsprechende Konsultationen gestartet.
Zum Beginn des Hochlaufs am Wasserstoffmarkt wird es nur wenige Abnehmerinnen und Abnehmer geben. Diese werden die Finanzierung allein nicht stemmen können. Hier könnte etwa das Modell eines Amortisationskontos, das in Deutschland umgesetzt wird, Abhilfe schaffen. Zusätzlich braucht es aber auch klare Vorgaben für die Gestaltung von Netzentgelten in der Hochlaufphase, betonte der Netz-OÖ-Geschäftsführer.
Für die Umwidmung und Umrüstung der Leitung und der technischen Anlagen rechnet der oberösterreichische Netzbetreiber mit Kosten von rund zehn Mio. Euro. Vorausgesetzt einer entsprechenden Nachfrage der Kundschaft sowie der notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie etwa der Umsetzung des EU-Gaspakets in nationales Recht, könnte das Projekt der Netz Oberösterreich bereits im Laufe des Jahres 2027 in Betrieb gehen. Derzeit jedoch kann der Netzbetreiber aufgrund fehlender gewerblicher Konzessionen den Betrieb der Wasserstoffleitung noch nicht übernehmen.