energate News: Interview mit Peter Rügge und Torsten Göbel, "Wasserstoff auch im Wärmemarkt das Maß der Dinge"
Oldenburg (energate) - Peter Rügge und Torsten Göbel sind die beiden Köpfe hinter dem Kongress Beyondgas. Dieser findet im September zum vierten Mal in Oldenburg statt und hat sich zu einer führenden Veranstaltung in der noch jungen Wasserstoff-Branche entwickelt. energate sprach mit den Gründern über Chancen und Herausforderungen eines schnellen Markthochlaufs von Wasserstoff in Deutschland und was die beiden Veranstalter optimistisch in die Zukunft blicken lässt.
energate: Die Beyondgas kommt aus der Erdgasbranche. Was unterscheidet diese von einer Wasserstoffwelt, welche neuen wichtigen Player kommen hinzu?
Rügge: Unsere Mission ist, die Gaswirtschaft auf ihrer Transformation zu begleiten. Wasserstoff ist letztlich nur eine von mehreren Gasfamilien. Wir plädieren seit langem zum Beispiel in der Regulierung keine Unterschiede zu den bestehenden Gesetzen und Verordnungen der traditionellen Gaswirtschaft zu machen. Es gibt Unterschiede in der Produktion, im Aufkommen, der Technik usw. - an denen aber gerade intensiv gearbeitet wird. Natürlich gibt es auch andere Player mit auch anderen Vorstellungen. Es wäre schön, wenn die deutsche Politik sich in deren Richtung öffnen würde!
energate: Von einem schnellen Markthochlauf kann aktuell ja nicht die Rede sein. Zuletzt hat doch eher der Pessimismus in der Wasserstoffbranche Einzug gehalten. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Rügge: Da gibt es viele Antworten. Aus unserer Sicht greifen erstmal die ganz simplen ökonomischen Grundlagen insbesondere der Preisbildungsmechanismus: Im Gasmarkt gibt es seit Beginn in den 1960er Jahren die Substitutionskonkurrenz, also einen anwendungsbezogenen Verbraucherpreis, der in jedem Segment auch die Zahlungsbereitschaft ausdrückt. Wenn wir das heutige Niveau des Wasserstoffpreises in Relation zu diesen Preisen setzen, entsteht ein riesiger Spread. Diesen kann man nicht dauerhaft mit CfD (Contracts for Difference) subventionieren. Es ist sozusagen ein ökonomischer Imperativ, die Herstellkosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Es gibt weitere ökonomische Konzepte wie zum Beispiel die komparativen Kostenvorteile. Sie merken, dass die ökonomische kluge Organisation des Wasserstoffsegmentes im Gasmarkt noch nicht zu Ende gedacht ist.
energate: Was lässt Sie auch als Veranstalter einer großen Messe mit Wasserstofffokus trotz der aktuellen Lage positiv in die Zukunft schauen?
Göbel: Wasserstoff ist in seinen Anwendungsgebieten praktisch alternativlos, wenn die Dekarbonisierung ernst genommen wird. Darüber hinaus ist es unserer Einschätzung nach auch im Wärmemarkt das Maß der Dinge: Dort wird eine skalierbare Technologie gebraucht, die in der Lage ist, den Wärmemarkt in der Grund- bis zur Mittellast zu penetrieren. Kombinatorische Ansätze finden sich in verschiedenen Nachbarländern. Wir finden es richtig, dass die Politik auch den Einsatz von blauem Wasserstoff forciert.
energate: Sie wagen mit der Veranstaltung Beyondgas auch den Schritt ins Ausland. Was kann der deutsche Markt von anderen Ländern lernen?
Göbel: Ja, wir haben in unseren Wachstumsplänen tatsächlich vor, zusätzliche Beyondgas-Kongresse in ausgewählten europäischen Nachbarländern stattfinden zu lassen. Im kommenden Jahr starten wir in Österreich. Jedes Land hat seine Besonderheiten in der Produktion, der Infrastruktur und der Nachfrage. Daraus resultieren tatsächlich auch unterschiedliche Ansätze, wie die jeweilige Wasserstoffökonomie zu organisieren ist. Da gibt es immer Lernkurven. Schauen Sie zum Beispiel mal in die Niederlande auf das HyXchange-Projekt mit seinen innovativen Ideen für die Gestaltung des Zielpreiskorridors. Fruchtbare Beispiele gibt es schon.